Ach, Herr Jensen
Jakob Hein: Herr Jensen steigt aus
Herr Jensen wird Briefträger. Vor allem deshalb, weil er gar keinen Traumberuf hat und auch sonst nicht so recht weiss, wie das gehen soll mit dem Leben. Dann geht das einfach so weiter. Herr Jensen verliert seinen Job bei der Post, Herr Jensen schmeisst den Fernseher zum Fenster raus und Herr Jensen ist verzweifelt. Denn er weiss immer noch nicht, wie das alles funktionieren soll. Bis andere Leute ihm sagen, wie es zu gehen hat, das Leben. Aber Herr Jensen ist nicht so, wie die Leute zu wissen glauben.
„Aber was tust du den ganzen Tag?“, fragte Matthias, der sich etwas unwohl zu fühlen schien in seinen teuren Schuhen und dem eleganten Mantel.
„Wie ich schon sagte: Ich mache nichts“
„Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich wüsste gar nicht, wie ich den Tag herumbekommen soll.“
„Das genau ist die Kunst“, sagte Herr Jensen. „Das war am schwersten zu lernen. Von Anfang an bekommen wir eingetrichtert, dass wir unsere Tage irgendwie mit Beschäftigung füllen müssen. Das stimmte vielleicht vor vielen Jahrzehnten, als morgens alle aufstanden, um die Äcker zu bestellen, weil es im Winter sonst nichts zum Essen gab. Aber heute stimmt das nicht mehr.“ Das Ganze machte ihm langsam Spass. So klar wie in diesem Gespräch hätte er diese Gedanken früher nicht formulieren können. Es war schon wichtig, dass man ab und zu mit den Menschen sprach, dachte Herr Jensen.
*****
Zu Beginn ist es ja ganz lustig mit Herrn Jensen. Ein skurriler Typ, ein komischer Kauz – was macht er als nächstes und findet er sogar eine Frau Jensen? Aber irgendwann tut sich die Kluft auf: was will Herr Jensen denn eigentlich sein? Ein Alltagsphilosoph? Ein Lebenskünstler? Ein Versager? Oder ein Trottel? Alles soll er sein, denkt man über diesen Herrn plötzlich verärgert – und das geht eben nicht. Auch wenn gerade das das Thema des Romans ist – die fragile Balance zwischen Irrsinn und stinknormaler Alltäglichkeit, eine Parodie auf die Tretmühle, die sich hochtrabend Leben nennt – vor lauter Wechseln zwischen ernst und lustig wird einem beim Lesen ganz merkwürdig. Irgendwie.
*****
Arbeitslosigkeit / Alltag / Aussteiger
Belletristik
ausgeliehen
Herr Jensen wird Briefträger. Vor allem deshalb, weil er gar keinen Traumberuf hat und auch sonst nicht so recht weiss, wie das gehen soll mit dem Leben. Dann geht das einfach so weiter. Herr Jensen verliert seinen Job bei der Post, Herr Jensen schmeisst den Fernseher zum Fenster raus und Herr Jensen ist verzweifelt. Denn er weiss immer noch nicht, wie das alles funktionieren soll. Bis andere Leute ihm sagen, wie es zu gehen hat, das Leben. Aber Herr Jensen ist nicht so, wie die Leute zu wissen glauben.
„Aber was tust du den ganzen Tag?“, fragte Matthias, der sich etwas unwohl zu fühlen schien in seinen teuren Schuhen und dem eleganten Mantel.
„Wie ich schon sagte: Ich mache nichts“
„Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich wüsste gar nicht, wie ich den Tag herumbekommen soll.“
„Das genau ist die Kunst“, sagte Herr Jensen. „Das war am schwersten zu lernen. Von Anfang an bekommen wir eingetrichtert, dass wir unsere Tage irgendwie mit Beschäftigung füllen müssen. Das stimmte vielleicht vor vielen Jahrzehnten, als morgens alle aufstanden, um die Äcker zu bestellen, weil es im Winter sonst nichts zum Essen gab. Aber heute stimmt das nicht mehr.“ Das Ganze machte ihm langsam Spass. So klar wie in diesem Gespräch hätte er diese Gedanken früher nicht formulieren können. Es war schon wichtig, dass man ab und zu mit den Menschen sprach, dachte Herr Jensen.
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Zu Beginn ist es ja ganz lustig mit Herrn Jensen. Ein skurriler Typ, ein komischer Kauz – was macht er als nächstes und findet er sogar eine Frau Jensen? Aber irgendwann tut sich die Kluft auf: was will Herr Jensen denn eigentlich sein? Ein Alltagsphilosoph? Ein Lebenskünstler? Ein Versager? Oder ein Trottel? Alles soll er sein, denkt man über diesen Herrn plötzlich verärgert – und das geht eben nicht. Auch wenn gerade das das Thema des Romans ist – die fragile Balance zwischen Irrsinn und stinknormaler Alltäglichkeit, eine Parodie auf die Tretmühle, die sich hochtrabend Leben nennt – vor lauter Wechseln zwischen ernst und lustig wird einem beim Lesen ganz merkwürdig. Irgendwie.
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Arbeitslosigkeit / Alltag / Aussteiger
Belletristik
ausgeliehen
chamäleon123 - 3. Jan, 19:32